Jahreskongress der Energieagentur Rheinland-Pfalz zeigt Wege auf
Mainz (red). „Wie kann die Energiewende auf kommunaler Ebene gelingen?“ – Dieser Frage gingen die Teilnehmer des Jahreskongresses der Energieagentur Rheinland-Pfalz (EA) nach. Zur Veranstaltung der EA am 18. September 2024 im Bürgerhaus Mainz-Hechtsheim waren mehr als 200 Gäste angereist, davon eine Vielzahl an Kommunalvertretern.
Strom aus erneuerbaren Energien ist der Energieträger der Zukunft, so die Einschätzung der EA. Damit werde künftig die nachhaltige Wärmeversorgung sichergestellt und eine klimaneutrale Mobilität möglich. Auch Gewerbe und Haushalte könnten so günstig mit Energie versorgt werden. Beim 12. Jahreskongress der EA Rheinland-Pfalz diskutierten die Referenten und Gäste darüber, wie die Energiewende in Rheinland-Pfalz auf kommunaler Ebene gelingen kann.
„Die Landesregierung schafft die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Energiewende im Land und reizt durch vielfältige Förderprogramme Investitionen an“, sagte Dr. Tobias Büttner, Geschäftsführer der EA. „Die konkrete Umsetzung von Energiewende-Projekten findet aber in den Kommunen statt.“ Wichtige und häufig genannte Stichworte im Lauf der Veranstaltung waren eine breit gefächerte Kommunikation des Themas, die frühzeitige Einbindung der Bürgerinnen und Bürger und eine Entbürokratisierung der Förderlandschaft.
„Klimaneutrale Zukunft ist Herausforderung und Chance zugleich“
„Der Weg in eine klimaneutrale Zukunft ist eine Herausforderung, aber auch eine enorme Chance – für die Umwelt, die Wirtschaft, die Kommunen und für jede und jeden Einzelnen von uns“, sagte Klimaschutzministerin Katrin Eder. „Rheinland-Pfalz hat sich hier ehrgeizige Ziele gesteckt: Wir wollen bis 2040 klimaneutral sein und unseren Strombedarf bereits 2030 bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken. Vor allem bei der Photovoltaik (PV) sind wir auf dem besten Weg.“
Den Beleg für diese Aussage lieferte der Geschäftsführer des Landesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen / Rheinland-Pfalz (LDEW), Horst Meierhofer. Er zeigte aktuelle Zahlen: In Rheinland-Pfalz wurden laut Meierhofer im Jahr 2023 1.012 Megawatt (MW) PV zugebaut. Das war mehr als doppelt so viel Leistung, wie von der Landesregierung geplant. Beim Windkraftausbau sei zwar Luft nach oben, aber, so Ministerin Eder, Neuerungen wie beispielsweise die jüngst erfolgte Verlagerung (Hochzonung) der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auf die Struktur- und Genehmigungsdirektionen bräuchten Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten.
Einen Schub für den Windkraftausbau sollen die im Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) genannten verbindlichen Flächenziele für die einzelnen Bundesländer bringen. Alexander Krämer, Leitender Planer der Geschäftsstelle der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe, führte aus, dass für Rheinland-Pfalz bis zum Jahr 2027 1,4 Prozent der Landesfläche für Windenergie ausgewiesen werden muss; laut WindBG sollen es bis 2032 2,2 Prozent sein. Allerdings möchte die Landesregierung die für 2032 genannte Vorgabe schon 2030 erfüllen. Dementsprechend arbeiten die Planungsgemeinschaften in Rheinland-Pfalz bereits daran, genehmigungsreife Planentwürfe zu erstellen.
Ein Beispiel dafür, wie der Windkraftausbau noch über die Zielvorgaben hinaus gelingen kann, lieferte der Landrat des Rhein-Hunsrück-Kreises, Volker Boch. Er legte dar, wie seit der Errichtung des ersten Windrads im Jahr 1995 die Windkraft sukzessive ausgebaut wurde. Heute produzieren 285 Windräder im Rhein-Hunsrück-Kreis Strom für mehr als 400.000 Haushalte. 3,3 Prozent der Fläche sind mit Windkraftanlagen belegt, die bilanziell 390 Prozent des Stromverbrauchs des Kreises erzeugen.
Allerdings muss beim Thema Windenergieausbau der Artenschutz berücksichtigt werden, referierte Verena Schmidt, Abteilungsleiterin Naturschutz und nachhaltige Entwicklung im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM). Zur Beschleunigung der Energiewende brauche es konfliktarme Flächen und zudem müssten ausreichend große Lebensräume und geeignete Habitate für gefährdete Arten wie beispielsweise den Rotmilan oder Fledermäuse erhalten bleiben. Aus Sicht der Landesregierung sind mehr als vier Prozent der Landesfläche konfliktarme Flächen, auf denen Windenergie ausgebaut werden kann, ohne dass es zur Kollision mit dem Arten- und Naturschutzrecht kommt.
Die Vorteile der Energiewende schlüssig kommunizieren
„Die Strom- und Wärmewende kann nur gelingen, wenn das Land den richtigen Rahmen setzt und die Kommunen, sei es auf eigenen Flächen oder Liegenschaften, aktiv in die Umsetzung von Maßnahmen gehen“, sagte Tobias Büttner. Aus diesem Grund müssten Kommunen bei ihren Bürgerinnen und Bürgern kontinuierlich um Akzeptanz für Klimaschutz und Energiewende werben.
Ein wichtiger Aspekt sei, die Vorteile von Energiewende und Klimaschutz darzustellen. Lokale / regionale Wertschöpfung sei dabei ein wichtiger Begriff. Denn wenn die Kommune Einnahmen erzielen könnten, beispielsweise durch Verpachtung kommunaler Flächen an Projektierer oder durch den Bau und Betrieb eigener erneuerbarer Energien-Anlagen, trage das nicht nur zur Entlastung kommunaler Budgets bei. Es stärke vielmehr auch die heimische Wirtschaft, schaffe neue Arbeitsplätze und erhöhe die Lebensqualität vor Ort, so Stefan Scholz aus, Fachreferent Geschäftsmodelle und kommunale Teilhabe bei der Energieagentur.
Scholz beschrieb zwei Modelle, durch die Kommunen vom Ausbau erneuerbarer Energien profitieren: die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), die den Handlungsspielraum für Kommunen vergrößere und den Solidarpakt, von dem viele Anliegerkommunen profitieren könnten. Mit den Einnahmen aus Pacht oder Beteiligung an EE-Anlagen können demnach wichtige kommunale Projekte realisiert werden, die ohne diese Einnahmen nicht verwirklicht werden könnten.
Förderprogramme können auch einfach sein
Trotz Kritik am Förderdschungel und der Bürokratie bei Förderprogrammen waren sich die Kommunalvertreterinnen und -vertreter einig, dass das von der Landesregierung aufgelegte Kommunale Investitionsprogramm Klimaschutz und Innovation (KIPKI), großes Lob verdiene. Das Programm wurde als unbürokratisch beschrieben und ermögliche es Kommunen, eigene Projekte schnell umsetzen. Zudem könne KIPKI mit anderen Förderprogrammen verknüpft werden, sodass eine Gemeinde höhere Förderquoten erzielen kann. „Mit KIPKI haben wir ein attraktives Angebot für die Kommunen geschaffen, mit dem das Klima und die kommunalen Haushaltskassen entlastet werden können“, sagte Ministerin Eder.
Der Erfolg des Programms zeigt sich daran, dass alle 194 antragsberechtigten Kommunen in Rheinland-Pfalz Anträge auf Förderung gestellt haben. Mit diesen Mitteln wurden inzwischen mehr als 1.200 (Teil-) Projekte gefördert, darunter kommunale Förderprogramme für Bürger (z. B. Förderung für Balkonkraftwerke), für Sanierungsmaßnahmen (Gebäudehülle, Heizungstausch, Beleuchtung) und im Bereich Mobilität (Fuhrparkumstellung, Ladestruktur).
„Wir, als Landesenergieagentur, unterstützen mit unseren spezialisierten Teams Kommunen im Land bei allen Fragen zu Klimaschutz und Energiewende. Wir stehen den Kommunalverwaltungen als kompetente Ansprechpartner zur Seite – von der gemeinsamen Initiierung von Projekten bis hin zur Projektumsetzung vor Ort“, sagte Büttner in seinem Schlusswort.