(wiw) Erwartungsgemäß gab der Ortsgemeinderat in seiner jüngsten Sitzung kurz vor den Kommunalwahlen mehrheitlich bei einer Gegenstimme grünes Licht für ein weiteres Baugebiet am äußersten Rand von Welschneudorf. Zwei Mitglieder des Rates konnten wegen Befangenheit nicht an der Erörterung des Tagesordnungspunktes sowie an der Abstimmung teilnehmen. Im Bereich „Dielkopffeld“ nördlich der Ortslage sollen nun auf rund 1,9 Hektar Fläche etwa 20 neue Bauplätze entstehen. Vorgesehen sind Einfamilienhäuser (maximal zwei Wohnungen) sowie Doppelhäuser (jeweils eine Wohnung pro Haushälfte). Für neun davon, so Ortsbürgermeister Bernd Labonte, gebe es bereits Interessenten.
Der Beschluss konnte nur erfolgen, weil die Gemeinde zuvor in Verhandlungen mit Grundstückseigentümern 60 Prozent des Geländes erwerben konnte, wie es im Beschluss von Oktober 2017 als Voraussetzung genannt worden war. Nach bisher vorliegenden Informationen kostete dies die Gemeinde rund 100.000 Euro. Die Grundstücke, die nun entstehen sollen, sind zwischen 500 und 800 Quadratmeter groß. Sie sollten, so die Sprecherin des Planungsbüros „Planeo“ (Hachenburg), „nicht zu klein“, sein, weil „die Bebauung dann aufgrund der Topographie zur Herausforderung wird“. So würden etwa „Böschungen entstehen, die Platz brauchen“. Die schwierige Geländesituation ist auch Grund dafür, dass die Anbindung von Häusern in der „zweiten Reihe“ (direkt an der schon vorhandenen Bebauung) in den Planunterlagen noch nicht endgültig geklärt war.
Außerdem ist in den bisher vorliegenden Plänen zwar ein notwendiges Regenrückhaltebecken unmittelbar an der Landesstraße L 327 in direkter Nachbarschaft zur vorhandenen Bebauung vorgesehen. Dieser Standort ist jedoch nicht beschlossene Sache, es gibt demnach noch vier weitere mögliche Orte für ein Regenrückhaltebecken, die nicht im unmittelbaren Planungsbereich liegen und die zunächst geprüft werden sollen. Ortsbürgermeister Labonte erklärte dazu auf Anfrage eines Bürgers während der Bürgerfragestunde, dass die Gemeinde in jedem Fall „durch die geplante Baulandumlegung an das dafür notwendige Gelände herankommt“. Dies bedeute keineswegs Enteignung, sondern sei normales, gesetzlich geregeltes Verfahren.
Ratsmitglied Lambert Stahlhofen bezeichnete den im Plan vorgesehenen Standort für ein Rückhaltebecken als „nicht glücklich“. Er verwies dabei auf die schon in der Begründung für das Baugebiet genannte mögliche spätere Erweiterung des Gebiets in Richtung L 327. Für eine Erschließung dieser Erweiterung über die Landesstraße etwa durch einen Kreisel – ähnlich wie beim Baugebiet „Bornwiese“ – sei das Rückhaltebecken an dieser Stelle hinderlich. Insofern sei die Planung für das Becken „noch völlig offen“.
Weil das geplante Baugebiet die gesetzlich vorgegebene Größe unterschreitet, sind außer einer Artenschutzprüfungen keine weiteren umweltschutzrelevanten Untersuchungen erforderlich. Ein vom Bundestag ermöglichtes Verfahren, das von Umweltverbänden wie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) oder dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert wird.
Die Ratsmehrheit stimmte dennoch dafür, das Bebauungsplanverfahren auf der Basis des Planentwurfs einzuleiten. Der Entwurf soll für einen Monat öffentlich ausgelegt und die Träger öffentlicher Belange beteiligt werden.
Geschickt platzierte Ortsbürgermeister Bernd Labonte zwei Tage vor der Kommunalwahl seinen Bericht „Aus der letzten Sitzung des Ortsgemeinderates …“ im jüngsten Wochenblatt der Verbandsgemeinde Montabaur. Im offiziellen Mitteilungsblatt der Gemeinde Welschneudorf ist dabei die Rede von „moderater Baulanderschließung“ und „Zielen der „Innenverdichtung“ und Leerstandsverhinderung durch eine offene Genehmigungspraxis und gezielter finanzieller Förderung“.
Abgesehen davon, dass der Rat mit restriktiver Genehmigungsstrategie kaum erreichen würde, dass jemand ein innerorts angebotenes bebautes Grundstück gerne kaufen würde, so bewegt sich die Förderung bisher lediglich im Rahmen der üblichen finanziellen Unterstützung bei Renovierungsmaßnahmen im Altbestand. Ein Konzept für eine zukunftsträchtige bauliche Innenentwicklung ist das noch lange nicht. Und ebenso lange wie die Ausweisung und Erschließung des letzten Baugebietes zurückliegt (2013) und trotz aller politischer Vorgaben hat dieser Rat keine Energie in ein umfassendes und zukunftsträchtiges Konzept zur Bauentwicklung im Ortskern investiert. Stattdessen hat die Gemeindeverwaltung lediglich bei Besitzern innerörtlicher Grundstücke nachgefragt, ob sie verkaufen wollten – mit dem entsprechenden negativen Ergebnis. Mit einem ausgeklügelten Entwicklungskonzept hätte man auch zögernden Grundstücksbesitzern einen Verkauf wohl eher schmackhaft machen können.
Dass es bisher keine größere Zahl an leerstehenden Häusern gibt, ist wohl eher der Initiative und dem Engagement von Privatleuten als dem Ideenreichtum des Rates zu verdanken. Bei der zu erwartenden demographischen Entwicklung wird die Zahl im Ortskern zum Verkauf stehender Gebäude sicher nicht abnehmen. Doch der Gemeinderat hat mit dem Beschluss für ein weiteres ortskernfernes Baugebiet einer sinnvollen innerörtlichen Entwicklung neue Konkurrenz beschert, denn nach eigenen Aussagen handelt es sich bei den Interessenten für einen Bauplatz im geplanten Baugebiet überwiegend um Personen aus dem Dorf oder mit verwandschaftlichen Bezügen zum Dorf. Und wer wenn nicht solche Interessenten sind als Ansprechpartner für eine positive Entwicklung des Ortskerns besonders geeignet?